Das Bild zeigt eine Frau vor einer Glasscheibe, auf welcher sich Klebezettel befinden.

New Work: „Agiles Arbeiten ist der Hebel für eine Welt, in der jeder gerne zur Arbeit geht“

New Work ist in aller Munde – doch was heißt das überhaupt? Jenseits von Homeoffice, ‚Remote Work‘ und digitalen Tools erfordern die neuen Formen des Arbeitens auch einen kulturellen Wandel im Mindset.

Mit dieser Thematik beschäftigt sich David Hillmer, Agile Coach und Gründer der HelloAgile GmbH, Autor, Podcaster und Dozent für Entrepreneurship an der Hochschule Fresenius. „Agiles Arbeiten hilft Unternehmen und Teams vor allem bei der Erzeugung von Schnelligkeit und Fokussierung“, verrät Hillmer im Interview mit Brother International. Für Arbeitnehmer und Arbeitgeber werden dadurch ganz andere Skills und Fähigkeiten wichtig. Eine Schlüsselkomponente ist dabei der agile Coach, der die neuen Methoden in der Unternehmenskultur verankert.  

Warum ist Agilität in der aktuellen Arbeitswelt ein so präsentes Thema?

Hillmer: Agilität löst die Probleme, die Unternehmen auf Grund von Digitalisierung und Globalisierung bekommen. Welche das sind, ist schnell erklärt: Dadurch, dass wir in einer komplett vernetzten Welt leben, sieht die Welt jeden Morgen anders aus. Es gibt ständig neue Produkte und die Produktrelease-Zyklen werden immer kürzer. Jedes Jahr kommt ein neues iPhone auf den Markt. Früher gab es nur alle fünfzehn Jahre einen neuen Golf. Die Geschwindigkeit steigt somit zusehends und auch die Kundenanforderungen ändern sich immer schneller. 

Wie können sich Unternehmen an diese Entwicklung anpassen?

Mit Agilität. Agiles Arbeiten erlaubt es, auf diese Veränderungen reagieren zu können. Ich vergleiche das gern mit der Digitalisierung. Agilität ist ein Teil der Digitalisierungs-Bubble, jedoch nicht auf Tool- oder Prozessebene, sondern auf der Ebene unserer menschlichen Zusammenarbeit: Die Frage „Wie arbeiten wir zusammen?“ ist ein essentieller Teil des Skill-Sets, das Mitarbeiter entwickeln müssen. 

Nicht nur mit Agilität, auch mit einer flexiblen Druckerinfrastruktur, wie z.B. Brother Print Smart, können sich Unternehmen heute an die höhere Geschwindigkeit in der neuen Arbeitswelt anpassen.

Du bist selbst als „Agile Coach“ tätig. Seit wann und wie kommt man dazu?

Hillmer: Ich bin seit 2018 im Bereich Agile Coaching unterwegs. Meist arbeite ich in der Rolle des SCRUM-Masters in Teams, wende dabei aber auch Methoden aus dem Agile Coaching an. Der agile Coach ist für ganz unterschiedliche Dinge verantwortlich, je nachdem mit welchem Unternehmen er arbeitet. „Agile Coach“ ist kein standardisierter Ausbildungsberuf, es gibt noch keine einheitliche Zertifizierung.  

Was leistet der agile Coach für Unternehmen?

Hillmer: Der agile Coach lässt sich am besten als derjenige beschreiben, der in Unternehmen dafür sorgt, dass Teams Agilität verstehen und sie befähigt, agil zu arbeiten. Er baut Verständnis für agiles Arbeiten auf und treibt die Organisation insgesamt voran, Agilität auch auf Organisationsebene zu leben – im Unterschied zu einem SCRUM-Master, der sich auf die Team-Ebene und das SCRUM-Framework beschränkt. Der agile Coach hat dagegen eine viel breitere Sicht aufs Thema agiles Arbeiten und kennt noch weitere Framework-Methoden. Ihm geht es ums Mindset, die Prinzipien hinter der Agilität. 

Was genau macht dein Unternehmen HelloAgile?

Hillmer: Mit HelloAgile helfen wir Teams und Unternehmen dabei, agiles Arbeiten zu verstehen und im Unternehmen anzuwenden: sowohl auf methodischer Ebene, indem wir z.B. dabei helfen, SCRUM zu verstehen und einzuführen, als auch auf kultureller Ebene, indem wir Formate schaffen und Transparenz aufbauen, um Vernetzung unter den Teams herzustellen. Das beschränkt sich nicht auf eine Methode, das ist Arbeit am Mindset. Das übergeordnete Thema ist natürlich „New Work“, in das Agilität reinspielt, aber auch viele andere Dinge.

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David Hillmer, Agile Coach, LEGO® SERIOUS PLAY®-Trainer, Autor, Podcaster und Dozent für Entrepreneurship an der Hochschule Fresenius

Ist das auch das Anliegen des Podcasts „Unboxing Agile“? 

Genau. Der Podcast hat das Ziel, Agilität zu erklären und zusammen mit „New Work“ aus jeder Perspektive zu beleuchten, indem ich Interviewpartner aus verschiedensten Bereichen, Theorie und Praxis, einlade: zum Beispiel auch zum Thema „New Pay“, d.h. neue Zahlungsmethoden und Gehaltskultur im Rahmen von Digitalisierung und Agilität. 

Welchen Nutzen generiert agiles Arbeiten aus deiner Sicht?

Hillmer: Der Nutzen von agilem Arbeiten hat viele Dimensionen: Zum Einen ist Agilität eine Möglichkeit auf die Digitalisierung und die Schnelllebigkeit unserer Welt zu antworten. Zum Anderen ist sie auch dafür da, die Mitarbeiterzufriedenheit zu erhöhen. Die Vision von HelloAgile ist z.B. eine Welt, in der jeder gerne zur Arbeit geht. Wir sind überzeugt, dass der beste Hebel dafür aktuell agiles Arbeiten ist. Ich glaube fest daran, dass jeder Mensch Spaß bei der Arbeit haben kann, wenn er die Dinge eigenverantwortlich tut und nicht über ihn hinweg bestimmt wird, was zu tun ist. Agiles Arbeiten ermöglicht das.  

Wie verändert sich der Arbeitsalltag durch agiles Arbeiten?

Hillmer: Indem Agilität selbstorganisiertes Arbeiten ermöglicht, geben Führungskräfte nicht länger konkrete Aufgaben und Zeitspannen vor. Die Aufgabenstellung lautet dann eher: „Dies ist das Ziel und hier sind die Leitplanken, innerhalb derer das Ziel erreicht werden muss – wie du dies umsetzt, ist dein Ding.“ Das ist ein riesiger Booster für die Mitarbeiterzufriedenheit und -verwirklichung. Gerade für die Generation Z ist „Purpose“ ein Buzzword: Denen geht es weniger um Verdienst als darum, etwas zu tun, was die Welt verbessert und das sie erfüllt. Dabei hilft agiles Arbeiten. 

Welche Qualitäten werden hierdurch für Arbeitgeber wichtig?

Hillmer: Führungskräfte müssen kein Micromanagement mehr betreiben. Stattdessen geben sie einen Rahmen, eine Vision oder ein Ziel vor und widmen sich dann anderen Dingen. Diese verteilten Rollen und Aufgabenschwerpunkte sind sehr nützlich. Arbeitnehmer können so vieles selbst entscheiden, was ja auch sinnvoller ist, da sie häufig näher am Kunden dran sind als der Manager. 

Welche eigenen Projekte fallen dir dazu spontan ein?

Hillmer: Wir hatten mitten in der Corona-Pandemie unseren ersten digitalen SCRUM-Master-Workshop mit der Buchmesse Frankfurt. Hier hat man deutlich gesehen, wie agiles Arbeiten dabei hilft, Schnelligkeit zu erzeugen. Fünf Monate vor dem Event sollte die Buchmesse auf einmal digital stattfinden. Also haben wir einen unserer Agile Coaches hingeschickt, um die Teams zu briefen und zu zeigen, wie agiles Arbeiten funktioniert. Die Mitarbeiter haben dadurch nicht schneller oder mehr gearbeitet. Es ging vielmehr um Priorisierung: Die wichtigsten Ziele mit dem größten Mehrwert wurden realisiert und die erste, digitale Buchmesse überhaupt konnte stattfinden.  

Toll. Was macht ein agiles Team genau aus?

Hillmer: Ganz viel. So ein Team besteht aus maximal zehn Personen: Einer davon, der Product Owner, ist dafür verantwortlich, den Markt bestmöglich zu kennen und daraus abzuleiten, was die wertvollsten Dinge sind, die jetzt umgesetzt werden müssen. Das Team arbeitet sprintweise im 2-Wochen-Turnus. Durch den Sprint als Arbeitszyklus wird alles Andere ausgeblendet und der Fokus auf die wichtigsten Dinge gerichtet. So schafft man eine sehr hohe Priorisierung und kann die Kernprobleme lösen.  

Also vorzeigbare und anwendbare Ergebnisse nach kurzer Zeit?

Hillmer: Genau. Wir nennen das im Fachjargon „Inkrement“: eine abgeschlossene Aufgabe oder Funktionalität, die man potentiell auf den Markt bringen könnte. Auch das ist eine Art Mindset. Anstatt nach zwei Wochen einen Schnipsel Code, ein Stück der Website und noch ein Konzept zur Hälfte fertig zu haben, konzentriert man sich durch agiles Arbeiten auf eine Sache, die dann richtig fertig gestellt ist, z.B. die Website. Danach widmet man sich den nächsten Schritten.  

Was sind die zentralen Schritte für Unternehmen, die sich für agiles Arbeiten öffnen?

Hillmer: Zunächst ist es wichtig, freiwillige Pilotteams aufzustellen, die damit anfangen, denn es ist schwierig, einer gesamten Organisation Agilität anzutrainieren. Wenn man es schafft, diese Pilotteams möglichst sichtbar im Unternehmen zu platzieren, z.B. in einem Glas-Meetingraum, hat das den Vorteil eines Gravitationseffektes: Die anderen Mitarbeiter sehen es und wollen es auch ausprobieren. 

Der wesentliche erste Schritt ist dann natürlich die Befähigung. Es ist wichtig, dass alle den gleichen Wissensstand haben und zur Teilnahme befähigt werden. Das kann z.B. durch ein Training, einen Berater oder eine neue Stelle geschehen, die geschaffen wird. Dazu gehört auch das Erlernen neuer Formate wie z.B. OKR (Objectives and Key Results).  

Kannst du OKR genauer erklären?

Hillmer: Bei OKR geht darum, die Vision des Unternehmens zu operationalisieren. Indem man auf jeder hierarchischen Ebene Quartalsziele definiert und alle Ziele aufeinander aufbaut. So ziehen in jedem Quartal alle Leute am gleichen Strang, um die Vision zu erreichen und sich zu fokussieren. OKR ist ein Management-Framework, das Unternehmen dabei hilft, Ziele auf Quartalsebene zu skizzieren.  

Worauf kommt es außerdem an?

Hillmer: Auf die Routinen. Viele kennen das: Wird ein neues Tool oder eine neue Methode eingeführt und keine Routine etabliert, versandet die Initiative. Hier hilft ein Agile Coach oder SCRUM-Master als Reminder.  

Mit dem japanischen Konzept „Shu-Ha-Ri“, ursprünglich aus der Kampfkunst, fahren Unternehmen, die agiles Arbeiten leben wollen, außerdem sehr gut: Zunächst geht es darum, die Dinge genau so zu machen, wie sie gelehrt werden (Shu = „Befolge die Regeln“), im zweiten Schritt darum zu sehen, wie gewisse Dinge auch anders getan werden können (Ha = „Biege die Regeln“).  

Erst wenn beides durchlaufen und man Meister einer Sache ist, gelingt die dritte Phase (Ri = „Breche die Regeln“). Das ist wichtig, um agiles Arbeiten im eigenen Unternehmen erfolgreich zu machen: Wer die Regeln, die Berater, Coach oder SCRUM-Guide empfehlen, einige Monate durchgehend angewendet hat, weiß aus Erfahrung, was gut läuft und was nicht. Dann lassen sich die Regeln etwas biegen. 

Vielen Dank für das Gespräch.

Um auf die flexiblen Bedürfnisse von agil arbeitenden Unternehmen zu reagieren – beispielsweise, wenn in unterschiedlichen Phasen einmal mehr oder einmal weniger viel gedruckt werden muss, bietet das Drucker-Leasing viele Vorteile. So lässt es sich ganz einfach auf das Druckvolumen anpassen. 

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AE

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