Porträt von Andreas Heimann, Chief Sales Officer und Gesschäftsbeiter der der Deutschen Reisebüro GmbH & Co. OHG

Digitalisierung in der Tourismusbranche – Wie DER Reisebüro die Zukunft des Reisens vorantreibt

Die Digitalisierung hat den Markt und die Ansprüche von Kunden stark verändert. Doch in vielen deutschen Unternehmen ist sie immer noch nicht vollständig angekommen. Dadurch geht viel Potenzial verloren und Unternehmen verlieren an Wettbewerbsfähigkeit. Brother zeigt im Interview mit Andreas Heimann, Chief Sales Officer und Geschäftsführer der DER Deutsches Reisebüro GmbH & Co. OHG, wie die Digitalisierung die Tourismusbranche verändert und welche Maßnahmen DER Reisebüro ergriffen hat, um im digitalen Zeitalter wettbewerbsfähig zu bleiben.

Herr Heimann, Sie sind seit 1980 in der Tourismusbranche tätig. Immer mehr Reisende informieren sich heutzutage über Online-Plattformen, Reiseblogs, Vergleichsportale und Online-Bewertungen. Inwiefern hat die Digitalisierung die Tourismusbranche verändert?

Fast die Hälfte der Deutschen beginnt heutzutage ihre Reise im Internet. Insbesondere Social Media dient als direkte Inspirations- und Informationsquelle. Viele User teilen Erfahrungen in Form von Bildern, Stories oder Blogs und auch der Einfluss von Influencern verleiht Ländern und Destinationen ein Gesicht und bietet vollkommen neue Möglichkeiten zur entsprechenden Vermarktung. Der Einfluss dieser digitalen Inspirationsquellen ist immens und bietet großes Potential für die Tourismusbranche. Außerdem kommen immer mehr neue Content-Formate hinzu, wie zum Beispiel 360 Grad Videos oder Virtual Reality, die als weitere Inspirationsquellen dienen, um Kabinen, Hotelzimmer oder besondere Locations im Vorfeld virtuell zu entdecken. Auch diverse Metasearcher, also Online-Vergleichsportale die Zimmer- oder Flugpreise gegenüberstellen, führen zu einer vermeintlich besseren Angebotstransparenz und bieten Kunden Orientierung bei der Wahl des besten Angebots.

Welche Rolle werden Reisebüros vor Ort zukünftig spielen? Wie wichtig ist die Verknüpfung von Online und Offline?

Die Vorteile der Digitalisierung für den Kunden sind unbestritten. In den vergangenen Jahren sind viele neue, digitale Buchungsmöglichkeiten und Metasearcher entstanden, die dem Kunden Angebote und Formate digital präsentieren. Online Portale werden insbesondere im Massengeschäft auch weiter wachsen, wenn es beispielsweise um die einfache Pauschalreise nach Mallorca geht.

Dennoch gibt es einen unbestrittenen Trend nach Individualität: Selbst die ausgefeilteste Künstliche Intelligenz (KI) ersetzt keine persönliche Beratung mit vielen Insidertipps und komplexen Frage- und Hilfestellungen. Der persönliche Reiseexperte hilft nicht nur bei der Wahl des wirklich passenden Hotels, sondern achtet zusätzlich auf viele weitere Faktoren: Angefangen von der entspannten Anreise zum Flughafen, über die Erfüllung der jeweiligen Einreiseformalitäten bis hin zum individuell organisierten Ausflug vor Ort. Angebote, die an die individuellen Bedürfnisse des Kunden angepasst und professionell geplant sind, rücken immer stärker in den Fokus und erfreuen sich großer Beliebtheit. Dies gilt vor Allem für Rund- oder Fernreisen, aufwändige Reiseerlebnisse und andere besondere Formate.

Dennoch müssen auch Reisebüros sich zunehmend stärker digitalisieren, um den Kunden entlang der kompletten Customer Journey zu begleiten. Die Erwartungshaltung von Kunden im Zeitalter der Digitalisierung steigt und die reine Beratungsleistung muss um digitale Services wie einen digitalen Reisebegleiter, einen Unterlagen-Safe oder ähnliche Dienstleistungen ergänzt werden. Die Kombination aus persönlicher, individueller Beratung gepaart mit digitalen Services wird zukünftig eine Schlüsselrolle spielen.

Würden Sie sagen, dass die Digitalisierung in Ihrem Unternehmen bereits angekommen ist? Welche Maßnahmen haben Sie bei DER Reisebüro ergriffen, um diese voranzutreiben? Auf welche Herausforderungen sind Sie dabei gestoßen?

Absolut. Wir befinden uns mitten in der Digitalisierung und versuchen sowohl im B2B als auch im B2C Geschäft unsere Digitalisierungs-Roadmap voranzutreiben. Insbesondere die Themen „Convenience für den Kunden“ als auch „Einsparungen“ auf der anderen Seite prägen unsere Strategie. So haben wir bereits vor einigen Jahren unseren digitalen Reisebegleiter „MeinDER“ eingeführt, der den Kunden auf der gesamten Customer Journey begleitet und via Chatfunktion bei Fragen immer den jeweiligen Reiseexperten an die Seite stellt.

Außerdem haben wir die Nutzung von Tablets in unseren Reisebüros eingeführt. Diese sind für den Kunden gedacht und bieten ihnen die Möglichkeit, sich im Zuge eines Co-Creation Prozesses an der Planung der Reise zu beteiligen. So können beispielsweise Hotels während der Beratung individuell entdeckt oder ausgetauscht werden. In unserem Concept Store in Berlin bauen wir unser Virtual-Reality-Angebot weiter aus und bieten bereits jetzt die Möglichkeit, über VR Brillen die Kabine oder das Hotelzimmer virtuell zu erkunden.

MANN MIT VR BRILLE
Mit Virtual Reality können räumliche Distanzen überwunden werden

Des Weiteren setzten wir Machine Learning in unserem CRM ein. Dadurch können wir immer besser verstehen, welche Präferenzen der Kunde hat, welche Angebote wirklich zu ihm passen und welche neuen Destinationen ihn interessieren könnten. Diese spielen wir im Anschluss durch intelligente Mailing-Lösungen aus und bieten unseren Kunden hierdurch einen deutlichen Mehrwert im Vergleich zu bekannten Massen-Mailings. Auch die Erweiterung unseres Social-Media-Angebots in Zusammenarbeit mit Influencern hat uns eine deutlich höhere Awareness im digitalen Umfeld gebracht.

Eine der größten Herausforderungen im Rahmen der Digitalisierung ist der unternehmensinterne Change Prozess. Hier ist es von größter Bedeutung, dass jeder Mitarbeiter die Veränderung nicht nur akzeptiert sondern auch verinnerlicht und lebt.

Was bedeutet die Digitalisierung für den Einzelnen in Ihrem Unternehmen? Wie gehen Ihre Mitarbeiter mit der Herausforderung der ständigen Veränderungen und den neuen Anforderungen um?

Wir verfügen über 2.000 Mitarbeiter an knapp 500 Standorten. In einer solchen Struktur einen digitalen Unternehmenswandel herbeizuführen ist sicherlich nicht einfach. Dennoch ist genau dieser Change Prozess ein entscheidender Schlüssel für die Zukunft, um mit unseren rein digitalen Mitbewerbern mithalten zu können. So haben wir beispielsweise eine umfassende Schulungsreihe erarbeitet, die – insbesondere ältere Kollegen – an das Thema heranführt. Aber auch jüngere Kollegen werden aktiv aufgerufen, sich an bestimmten Themen rund um das Thema Digitalisierung zu beteiligen. Zum Beispiel ist unsere Social-Media-Strategie darauf ausgelegt alle Kollegen mit einzubeziehen und sie dazu zu motivieren bei der Erstellung von Content und Rich-Media Inhalten mitzuwirken. Weiterhin arbeiten wir aktuell an einem Projekt, in dem sich unsere Kollegen mit ihrem Wissen digital im Netz auf einer übergreifenden Plattform präsentieren können und somit auch neue Kundengruppen erschließen können.

Wie können sich Unternehmen wie DER Reisebüros zukünftig gegenüber der digitalen Konkurrenz behaupten? Welche Vorteile haben Sie sogar gegenüber Neueinsteigern im Markt oder reinen digitalen Anbietern?

Reisen ist nach wie vor ein emotionales Thema. Mit 2.000 Reiseexperten deutschlandweit, die nahezu die ganze Welt persönlich kennen, können wir individuell und zielgerichtet auf alle Kundenwünsche eingehen. Dies ist ein entscheidender Vorteil, den reine Online-Player nicht bieten können. Individuelle Wünsche und Anforderungen werden auch zukünftig nicht komplett digital abgewickelt werden können, wenngleich diese in Trends wie Undertourism immer wichtiger werden.

Ein weiterer Wettbewerbsvorteil liegt für uns darin, dass in der Reisebranche händeringend nach Fachkräften gesucht wird. Wir von DER haben über Jahre hinweg ein riesiges Netzwerk aufgebaut und sind in diesem Punkt digitalen Mitbewerber und insbesondere Startups klar überlegen. Wenn wir weiterhin an der Verknüpfung der On- und Offline-Welt arbeiten, werden wir bald entscheidende Vorteile gegenüber rein digitalen Mitbewerbern haben – insbesondere bei margenstarken Produkten.

Geht man als Unternehmen Ihrer Größe anders mit dem Thema Digitalisierung um, als kleinere Unternehmen aus dem Mittelstand oder Startups? Haben Sie Tipps, die Sie an andere Unternehmer diesbezüglich weitergeben können?

Sicherlich ergeben sich bei 500 Reisebüros, gerade im Bereich Technik, andere Synergien als bei kleineren oder mittelständischen Büros. Allein die Entwicklung einer eigenen App ist kostenintensiv und bedarf neben einem hohen fachlichen Know-How auch eines entsprechenden Vermarktungs-Hintergrundes. Gerade hier scheitert es oftmals bei kleinen oder mittelständischen Unternehmen. Dennoch gibt es auch einige digitale Elemente, die gerade KMU-Unternehmen heute schon einsetzen können wie zum Beispiel WhatsApp oder der Facebook-Messenger, die gerne vom Kunden als Kommunikationsweg genutzt werden und ihn entlang der gesamten Customer Journey unterstützen können. Die Spezialisierung auf bestimmte Themengebiete und die entsprechende Vermarktung über Social Networks kann auch im kleinen Umfang weitreichende Effekte haben.

Welche Trends und neue Technologien haben wir zukünftig im Tourismusbereich zu erwarten?

Das Thema Nachhaltigkeit wird auch im Tourismus zukünftig eine große Rolle spielen. Es wird stärker denn je darum gehen, aktuelle Reisekonzepte nachhaltiger und umweltverträglicher zu gestalten. Aber auch Themen wie Individualisierung, Undertourism oder besondere Erlebnisse werden eine herausragende Rolle in der Zukunft spielen. Im technischen Bereich werden Themen wie Internet of Things (IOT) oder digitale Assistenten immer mehr Einfluss erhalten. Menschen lernen aktuell mit Voice Services wie beispielsweise Amazon Alexa zu interagieren und werden früher oder später ihre Erwartungshaltung auch auf den Reisebereich übertragen. Die Buchung von Flügen via Voice Service könnte hierbei ein erster Schritt sein. Aber auch digitale Gepäckanhänger, vollautomatische Hotel Check-Ins mit Door-Opener über das Smartphone oder stärkeres Retargeting werden eine wachsende Bedeutung haben.

Vielen Dank, Andreas Heimann, für dieses spannende Gespräch!

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Andreas Heimann ist seit Juni 2011 Geschäftsführer der DER Deutsches Reisebüro GmbH & Co. OHG und verantwortet in seiner Position die Filialen, Beteiligungen, Franchise-und Kooperationsbüros des Reisevertriebs der DER Touristik mit Sitz in Frankfurt. Zusätzlich zu seiner Gesamtverantwortung für den Reisebüro-Eigenvertrieb, ist er auch seit Januar 2020 für den Onlinevertrieb der DER Touristik als Chief Sales Officer tätig. Außerdem fungiert er seit 2017 als Aufsichtsratsvorsitzender für den DERPART Reisevertrieb, für welchen er vor seinem Wechsel zu DER zuständig war. Die Entscheidung, eine touristische Laufbahn zu gehen, nahm der Betriebswirt bereits 1980, als er eine Ausbildung zum Reise­verkehrskaufmann begann. Seither ist er der Branche treu geblieben.

DER Reisebüro

Das DER Reisebüro (kurz DER) wurde 1917 in Berlin gegründet und ist eines der führenden Reisebüros in Deutschland mit 500 Reisebüros und dem Online-Reiseportal DER.com. Seit 2000 gehört es zur Rewe Group, die 2013 Rewe Touristik durch die Dachmarke DER Touristik ersetzte. DER bieten seinen Kunden sowohl in der On- als auch Offline-Welt optimale Beratung, damit ein unvergessliches Reiseerlebnis gebucht werden kann.

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